Beten - Wann erhört Gott?

„Betest du jeden Tag?“ Das wurde der kleine Tobias in der Sonntagschule gefragt. Seine Antwort: „Nein, das macht die Mama für mich, abends.“ „So? Was sagt sie denn für dich?“ Antwort: „Gott sei Dank, dass du endlich im Bett bist.“
Beim Thema Gebet ist uns meist nicht zum Lachen zumute. Weil wohl viele den Verdacht, dass sie eigentlich zu wenig beten.

Jesus sagt:

„Bittet, dann wird euch gegeben!“

(Matthäusevangelium, Kapitel 7, Vers7)

Aber das deckt sich nicht immer mit unserer Erfahrung.
Woran liegt’s? Falsches Gebet? Falsche Gebetshaltung? Falsches Anliegen? Ist an uns selbst was falsch?

Die Jünger haben Jesus mal gebeten, ihnen zu zeigen, wie beten richtig geht.
Seine Antwort:

„Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Gib uns täglich unser Brot und vergib uns unsre Sünden; denn auch wir vergeben allen, die an uns schuldig werden. Und führe uns nicht in Versuchung.“

(Lukasevangelium, Kapitel 11, Verse 2-4)

Für mich das Entscheidende an diesem Gebet sind nicht die einzelnen Anliegen. Sondern das erste Wort: Vater! Im Matthäusevangelium steht es etwas ausführlicher:

„Unser Vater im Himmel!“

Die Grundvoraussetzung

Die erste Voraussetzung für Gebet, auf das Gott hört, ist: eines von seinen Kindern redet mit ihm.

Eine Begebenheit macht das deutlich. Eine Mutter bat Jesus, ihr besessenes Kind von Dämonen zu befreien. Hier der überraschende Bericht über das Gespräch:

„Die Frau war keine Jüdin; sie wohnte in Phönizien. Jesus antwortete ihr: «Zuerst müssen die Kinder versorgt werden, das Volk Israel. Es ist nicht richtig, wenn man den Kindern das Brot wegnimmt und es den Hunden vorwirft.» Darauf antwortete sie: «Ja, Herr, aber die kleinen Hunde bekommen doch auch die Krümel, die den Kindern vom Tisch fallen.» «Du hast recht», antwortete Jesus, «ich will deiner Tochter helfen. Geh nach Hause! Der böse Geist hat dein Kind bereits verlassen.”

(Markusevangelium, Kapitel 7, Verse 26-29)

Jesus erhört die Bitte der Frau. Aber Jesus betont die Ausnahmesituation. Die Regel lautet: zuerst die Kinder!
Jeder Mensch ist ein Geschöpf Gottes. Sofort ab Zeugung. Aber niemand ist automatisch Kind Gottes. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.

 „Jesus kam in sein Eigentum; und die Seinen (seine „Geschöpfe“) nahmen ihn nicht auf. Die ihn aber aufgenommen haben, denen gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.“

(Johannesevangelium, Kapitel 1, Verse 11 und 12)
Kind Gottes ist nur, wer Jesus ganz bewusst in sein Leben aufgenommen hat.

Hat ein „Kind Gottes“ die Garantie, dass Gott auf sein Gebet hört?
Unsere Erfahrung sagt: Nein!

Damit wir uns besser vorstellen können, wie Gott ist, hat er den Vergleich eines Vaters zu seinen Kindern gegeben. Stellen wir uns die gleiche Frage:
Hat ein Kind die Garantie, dass sein Vater auf seine Bitten hört?

Das ist unter anderem abhängig von folgenden drei Punkten:

1) Ob der Vater erhört, ist abhängig von der Beziehung zu ihm

Wie sieht die ideale Beziehung eines Kindes zum Vater aus? Hier hat vielleicht jeder seine besonderen Vorstellungen.  Wichtig jedenfalls: sie verbringen gern Zeit zusammen. Reden offen miteinander.

Es gibt auch schlechte Vater-Kind-Beziehungen.  Man geht sich lieber aus dem Weg. Wenn nicht, dann gibt es Machtkämpfe und Streit.  Ein Kind, dessen Beziehung mit dem Vater so ist, kann kaum auf offene Ohren hoffen, wenn es einen Wunsch hat.

Ganz ähnlich beschreibt es die Bibel:

„Der Arm des HERRN Arm ist nicht zu kurz,  so dass er nicht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht taub geworden, sodass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen trennen euch von eurem Gott, und eure Sünden verbergen sein Angesicht vor euch, so dass ihr nicht gehört werdet.“

(Jesaja, Kapitel 59, Verse 1+2)

Das ist die Beschreibung einer schlechten Beziehung zwischen Gott und Mensch. Ungehorsam gegen das, was der Vater sagt. Verhalten, das Gott verletzt. Folge: Gott hört nicht.
Umgekehrt: Je enger und liebevoller unsere Beziehung, desto lieber hört Gott auf unsere Bitten.

2) Ob der Vater erhört, ist abhängig vom Wunsch

Angenommen, Ihr Kind bittet um das neueste Handymodell. Weil es a wengerl angeben will damit. Würden Sie es ihm schenken? Kann sein. Muss aber nicht.
Bitten an Gott, die nicht um das tägliche Brot gehen, sondern um den täglichen Überfluss, kann Gott schon erhören. Ich bin mir aber nicht sicher, ob er das tut.

„Wenn ihr freilich Gott nur darum bittet, eure selbstsüchtigen Wünsche zu erfüllen, wird er euch nichts geben.“

(Jakobusbrief, Kapitel 4, Vers 3)

Was ist in folgendem Fall: Ihr Kind ist krank. Neurodermitis. Der ständige Juckreiz ist sehr unangenehm. Das Kind betet um Heilung. Immer wieder.
Würden Sie als Vater ihm diesen Wunsch erfüllen, wenn Sie könnten?
Auf jeden Fall.
Wird Gott auf so ein Gebet hören?
Wir haben ein ähnliches Beispiel in der Bibel. Der Apostel Paulus betet um Heilung. Das überraschende: Gott verweigert die Erhörung.

„Gott selbst hat dafür gesorgt, dass ich mir auf diese unbeschreiblichen Offenbarungen nichts einbilde. Deshalb lässt er mich unter einer Krankheit leiden, die mir schwer zu schaffen macht.3 Es ist, als ob ein Engel des Satans mir ins Gesicht schlägt, damit ich nicht überheblich werde. Dreimal schon habe ich Gott angefleht, dass er mich davon befreit. Aber er hat zu mir gesagt: «Verlass dich ganz auf meine Gnade. Denn gerade wenn du schwach bist, kann sich meine Kraft an dir besonders zeigen.»“

(2.Korintherbrief, Kapitel12, Verse 7ff)

Gott erhört Paulus nicht, weil ihm die Krankheit hilft, nicht überheblich zu werden. Er sagt ihm das deutlich.
Bei uns sagt Gott das meist nicht so deutlich. Aber ein Grund, warum Gott uns nicht hört, kann sein, dass unser Wunsch etwas bezweckt, was Gott nicht will.

3) Ob der Vater erhört, ist abhängig von der Einstellung, mit der das Kind kommt

Die alte Benediktinerregel lautet: „Ora et labora“. Bete und arbeite. Nicht: beten statt arbeiten. Wer mit der Einstellung betet, dass Gott ihm die Arbeit abnehmen soll, der wird nicht gehört.
Wer mit Schmerzen zum Arzt geht, will einen Rat, was er tun soll. Und diesen Rat wird er dann befolgen. Wer mit einer Bitte zu Gott kommt, sollte auch genau hören, ob Gott ihn nicht was sagt, was er tun soll.

a) Einstellung, selbst aktiv zu werden

Das wohl eindrücklichste Gebet der Bibel steht im Mathäusevangelium, Kapitel 26

„Tiefe Mutlosigkeit und Angst überfielen Jesus,  und er sagte zu ihnen: «Ich zerbreche beinahe unter der Last, die ich zu tragen habe. Bleibt bei mir und lasst mich nicht allein.»  Nachdem er einige Schritte weiter gegangen war, warf er sich auf die Erde und betete:
„Mein Vater, wenn es möglich ist, so bewahre mich vor diesem Leiden! Aber nicht mein Wille soll geschehen, sondern dein Wille.»“

b) Die Einstellung, wenn wir beten, muss sein: wir akzeptieren alles.

Warum haben wir diese Einstellung?

„Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, aber auch wirklich alles zu seinem Heil“

(Römerbrief, Kapitel 8, Vers 28)

Was auch als Antwort rauskommt auf unser Gebet: ein „Nein“ oder ein „noch nicht“ oder ein „okay“: Vater will unser Bestes!

Wenn wir das kapiert haben, dann heißt die Frage nicht mehr: „Wann erhört Gott?“ Untertitel: „Wie kann ich Gott dazu bringen, dass er mich gesund macht, mir den und den Wunsch erfüllt?“ Sondern die Frage heißt: „Wie kann meine Liebe zu Gott immer mehr wachsen?“ Wer Gott liebt, den überschüttet er mit Gutem. Entweder, in dem er seine Wünsche erfüllt. Oder indem er sie nicht erfüllt. Beides dient zum Besten, zum Heil.

Das ist wieder der Punkt Beziehung, um den es vorhin schon ging.
Wenn wir an die menschliche Vater-Kind-Beziehung denken: es macht uns traurig, wenn es mit kleineren Kindern ständig Machtkämpfe und Reibereien gibt. Es macht uns traurig, wenn große Kinder nur ab und zu einen Pflichtbesuch bei uns machen, aber keine innere Verbindung da ist.

Wenn Sie an die Beziehung zwischen sich und Gott denken: gibt es da Spielraum nach oben? Fällt Ihnen spontan etwas ein, wie Sie diese Beziehung verbessern und intensivieren können? Dann reden Sie mit dem Vater im Himmel drüber. Er hört gern auf Ihr Gebet!

Fragen oder Bemerkungen zu diesem Artikel können Sie gerne hier abschicken.